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XPress vs. InDesign: Hilfslinien & Co

XPress vs. InDesign: die wesentlichen Unterschiede der Bordmittel, welche benötigt werden, um eine Vorlage zu erstellen

Wie gut sind die Basisfunktionen?

Von entscheidender Bedeutung ist die Frage, welche Hilfsmittel vor dem eigentlichen Layouten zur Verfügung stehen. XPress hat es bis heute nicht geschafft, wichtige Basisfunktionen zu verbessern. Die Handhabung der Hilfslinien ist in InDesign ein Meisterwerk.

ANDREAS BURKARD Um ein Dokument einzurichten, braucht es eine ganze Reihe von Vorarbeiten wie Satzspiegel, Hilfslinien, Gestaltungsraster oder Bibliotheken. Solche Funktionen sind das Rückenmark eines Layouts.

Oftmals werden Vorlagen erstellt und diese müssen von anderen Menschen verstanden werden. Besonders hier ist ein klarer Aufbau sehr wichtig.

Formatgrenzen verlassen

Alles, was über das Format hinausragt, wird nachträglich vom Buchbinder auf das Dokumentformat beschnitten. Üblicherweise werden randabfallende Objekte 3 Millimeter über das Format gelegt. Damit werden Papierblitzer vermieden.

In XPress können Sie die betroffenen Objekte ganz einfach über das Format legen. Meistens werden jedoch Minuskoordinaten vergeben. Später können Sie im Druckdialog den gesamten Anschnitt erhöhen. Damit können randabfallende Objekte und Hilfsmittel, welche ausserhalb des Formates liegen, ausgegeben werden.

InDesign CS hat im Dialog Neues Dokument unter Mehr Optionen die Beschnittzugabe. Damit werden die 3 Millimeter in Form einer Markierung ausserhalb des Formates angezeigt. Die Beschnittmarkierung weist einen Fangradius auf. Dadurch ist die Platzierung von randabfallenden Objekten in InDesign einfacher, schneller und vor allem logischer als in Quark XPress.

InDesign CS kann mit Infobereich eine zusätzliche Zone darstellen. Darin können eigene Kontrollmittel wie Farbkeile und dergleichen platziert werden. Dieser Bereich kann auch eingesetzt werden, um gewisse Layoutinformationen in das Dokument einzufügen. Vor allem bei der Ausarbeitung von CI-Vorlagen sind absolut klare Bezeichnungen erforderlich. So hat beispielsweise ein Faltblatt abnehmende Seitenformate. Im Infobereich können Sie die abnehmenden Formate eines solchen Leaflets mit gewöhnlichen Bordwerkzeugen, wie Texten, Linien oder Pfeilen, logisch kennzeichnen. Der Druckdialog in InDesign, im Bereich Marken und Beschnittzugabe, steuert die Ausgabe beider Hilfsmittel.

Änderungen am Satzspiegel

XPress kann bis heute nur auf der Mustervorlage Änderungen an Rändern und Spalten vornehmen. Die Spalten haben immer einheitliche Abstände. Bei klassischen Broschüren und Büchern ist dieser Umstand nicht weiter störend. Doch im kreativen Bereich sieht das schon ganz anders aus. Die Gestalter/-innen wollen heute blitzschnell ihre neuen Ideen umsetzen.

In InDesign können Sie im Menü Layout mit Ränder und Spalten auf den Mustervorlagen wie auch auf den Dokumentseiten Änderungen vornehmen. Um in InDesign einen unregelmässigen Satzspiegel einzurichten, müssen Sie bloss mit dem schwarzen Pfeil an den Spaltenhilfslinien ziehen. In InDesign haben Spaltenlinien im Gegensatz zu Hilfslinien den Vorteil, dass sich beim Textimport die Textrahmen automatisch auf die Spaltenbreite richten. Ein wesentlicher Unterschied: InDesign erstellt bei einem Textimport automatisch die Textrahmen, während XPress stets einen Textrahmen aufweisen muss.

Verschieden lange Hilfslinien

Beide Programme kennen Seiten- und Druckbogenhilfslinien. Einen Druckbogen bilden in InDesign die nebeneinander liegenden Seiten. XPress verwendet die Bezeichnung Montagefläche.

Wird aus dem Lineal eine Hilfslinie auf die Seite gezogen, so ist dies eine Seitenhilfslinie. Eine Druckbogen- oder Montageflächehilfslinie erhalten Sie, wenn Sie die horizontale Hilfslinie auf den Bereich ausserhalb des Seitenformates ziehen.

In InDesign reicht zudem ein Doppelklick in das Lineal, um eine Hilfslinie zu positionieren. Sie können in InDesign auch über die Tastatur eine Druckbogenhilfslinie erstellen. Beim Ziehen der Hilfslinie aus dem Lineal müssen Sie dazu die Befehlstaste drücken (Ctrl-Taste auf Windows).

Hilfslinien per Eingabepositionieren in InDesign CS …

Zurück zum Beispiel des Faltprospektes: Durch verschiedene Falzarten (beispielsweise Fenster-, Leporello-, Parallel- oder Gemischtfalzung) müssen im Layout bestimmte Seiten abnehmende Breiten aufweisen. In solchen Fällen werden in der Regel die Vorder- und die Rückseite als zweiseitiges Dokument aufgebaut. Die Vorder- und die Rückseite brauchen nun aber pro Falzseite jede Menge numerisch positionierter Hilfslinien. Dies, um die Seitenbegrenzung, die Spalteneinteilung und die Ränder darzustellen.

In InDesign werden Hilfslinien wie Objekte behandelt. Eine Hilfslinie, welche Sie in InDesign aus dem horizontalen oder dem vertikalen Lineal ziehen und auf der Seite loslassen, ist aktiv. Dies wird mit einer dunkleren Hilfsliniefarbe angezeigt. Nun können Sie ganz einfach in der Steuerelementepalette die Koordinaten ändern. Problemlos lassen sich mit den Auswahlwerkzeugen in InDesign (schwarzer oder weisser Pfeil) bereits positionierte Hilfslinien aktivieren und über die Koordinaten numerisch ändern.

Da die Hilfslinien in InDesign wie Objekte behandelt werden, kommt nun eine ganze Reihe praktischer Funktionen hinzu. So können Sie eine aktive Hilfslinie mit dem Befehl Duplizieren und versetzt einfügen schnell und genau als Kopie an die gewünschte Position legen. Damit lassen sich die unterschiedlichen Ränder und Formatangaben innerhalb des Bogens sehr intuitiv einrichten.

Um die Vorlagen des Beispiel-Leaflets noch klarer zu strukturieren, ist die Vergabe von unterschiedlichen Hilfslinienfarben ideal. Im Menü Hilfslinien können aktivierten Hilfs­linien eine andere Farbe zugewiesen werden. Dadurch grenzen sich die Seitenunterteilungshilfslinien von den Spalten-, den Rand- und sonstigen Arbeitshilfslinien deutlicher ab.

… und in XPress 6.5

So einfach und vor allem so logisch geht die numerische Positionierung von Hilfslinien selbst mit XPress 6.5-Bordwerkzeugen nicht. Da Hilfslinien nicht wie Objekte verwaltet werden, gehen so zeitsparende Möglichkeiten verloren. Störend ist vor allem der Umstand, dass die Masspalette von XPress keine numerische Positionierung von Hilfslinien zulässt. Zwar zeigt die Mass­palette während des Platzierungsvorganges korrekt die Koordinaten an. Das wars dann aber auch schon. Eine Hilfslinie kann in XPress auch nicht wie in InDesign mit Werkzeugen markiert werden.

Ganz und gar unverständlich ist in XPress, dass der Arbeitsschritt einer falsch positionierten Hilfslinie nicht mit dem «Widerrufen»-Befehl rückgängig gemacht werden kann.

Um Hilfslinien standrichtig zu positio­nieren, verwenden viele Anwender Hilfsobjekte, an dessen Kanten sie dann jeweils eine Hilfslinie positionieren. Andere verwenden den Hilfslinienmanager, welcher sich aber nicht sehr einladend präsentiert. Als Voraussetzung für die Bedienung wird von den Anwendern/-innen eine gehörige Portion Geduld verlangt. Der gesamte Dialog ist zu kompliziert aufgebaut. Da lassen sich mit Hilfslinien Gitternetze erstellen (jedoch keine Zwischenräume), Hilfslinien sperren und löschen sowie Bestimmungsorte wählen (aber nicht mit gezielten Seitenzahlen).

Leider kann der Hilfslinienmanager selbst in XPress 6.5 keine Hilfslinien auf einer Mustervorlage positionieren! Genau dort werden die Hilfslinien für unsere Vorlage des Beispiel-Leaflets aber benötigt!

Ein weiterer mieser Spielverderber ist die fehlende Vorschau des Hilfslinienmanagers.

Mit Ursprung/Begrenzung bekommen Sie die gewünschte Anzahl der Hilfslinien dann letztlich doch exakt positioniert ins Dokument.

Da Hilfslinien in XPress nur eine einheitliche Farbe aufweisen können, sieht unsere Vorlage des Beispiel-Leaflets in XPress ziemlich unübersichtlich aus. Die Folge davon ist eine aufwändigere Einarbeitungszeit von Personen, welche solche Vorlagen dann letztlich mit Inhalt fülllen müssen.

Hilfslinien aktivieren und löschen

Einzelne Hilfslinien können Sie in XPress aus dem Dokument entfernen, indem Sie diese zurück in das Lineal schieben. Um alle Hilfslinien auf einer Seite zu löschen, wird am einfachsten der Hilfslinienmanager im Bereich Hilfslinien entfernen oder sperren verwendet.

In InDesign können Sie eine aktive Hilfslinie mit der Löschtaste entfernen. Mit Alt-Befehl-G (Alt-Crtl-G auf Windows) können Sie in InDesign alle Hilfslinien markieren. Sind keine Objekte auf der Seite, geht auch Befehl-A (Ctrl-A auf Windows).

Gestaltungsraster einrichten

Ein Gestaltungsraster gibt einem Layout einen Rhythmus. Er ist eine Orientierungshilfe und verleiht dem Layout Übersichtlichkeit und Ruhe. Im Layoutprozess ist der Gestaltungsraster zudem eine zeiteinsparende Hilfe bei der Positionierung von Bildern und Texten.

In XPress ist eine solche Einrichtung sehr umständlich. Ohne Taschenrechner geht das fast nicht. Der Hilfslinien-manager kann nicht die benötigten Zwischenräume der Spalten und Zeilen definieren.

Ganz anders in InDesign. Im Menü Layout befindet sich mit Hilfslinien erstellen ein Vorzeigebeispiel für Benutzerfreundlichkeit. Mit nur wenigen Klicks ist der Gestaltungsraster eingerichtet.

Doch wie lässt sich in InDesign der Gestaltungsraster für unsere Leafletvorlage einrichten? Pro Bogen gibt es ja unterschiedliche Falzformate. Das Beispiel-Leaflet hat ein gefalztes Endformat von 105×210 Millimetern. Die nach innen gefalzte Seite ist aber nur 104 Millimeter breit. Wir möchten pro Falzseite einen Gestaltungsraster mit 2 Spalten und mit 3 Millimetern Spaltenabstand sowie 8 mit Zeilen dem gleichen Abstand.

Ganz einfach: Öffnen Sie dazu zuerst ein neues Dokument mit dem Seitenformat 105×210 Millimeter und den entsprechenden Rändern. Erstellen Sie dort mit Hilfslinien erstellen den gewünschten Gestaltungsraster und achten Sie darauf, dass die Option Hilfslinien anpassen an Rändern angeklickt ist. Markieren Sie dann alle Hilfslinien und kopieren Sie diese. Fügen Sie die kopierten Hilfslinien im Leaflet-Dokument ein. Positionieren Sie diese auf die entsprechende Falzseite.

Wiederholen Sie dann diesen Vorgang für das kleinere Format mit den Massen 104×210 Millimeter.

Durch das Kopieren von Hilfsliniengruppen aus dem neuen Dokument erhalten Sie schnell unterschiedlich breite Gestaltungsraster für den Bogen des Beispiel-Leaflets.

Anzeigeschwellwert einsetzen

Im Menü Layout von InDesign befindet sich unter Hilfslinien der Anzeigeschwellwert. Der weist standardmässig 5% auf, ist also ausgeschaltet. Mit dem Anzeigeschwellwert werden Hilfslinien automatisch ab einer bestimmten Monitoransicht ausgeblendet. Sichtbare Hilfslinien in einer niedrigen Ansicht ergeben auch wenig Sinn.

Sind bereits Hilfslinien vorhanden, so müssen Sie den Anzeigeschwellwert im aktiven Zustand der Hilfslinien ändern. Ansonsten bezieht sich die Änderung nur auf die neuen Hilfslinien.

XPress besitzt keinen einstellbaren Schwellwert für Hilfslinien. Da hilft nur der beliebte Befehl «F7» (Hilfslinien verbergen). Doch «F7» blendet nebst den Hilfslinien auch noch die Ränder und die Rahmenkanten aus.

Hilfslinien auf Ebenen legen

InDesign platziert die Hilfslinien jeweils auf der ausgewählten Ebene. So kann es passieren, dass plötzlich wichtige Hilfslinien nicht mehr sichtbar sind, wenn beispielsweise eine Ebene ausgeblendet wird. Deshalb ist es empfehlenswert, beim Einrichten des Dokumentes eine Hilfslinienebene zu erstellen. Das hat den Nachteil, dass vor der Erstellung von Hilfslinien immer diese Ebene ausgewählt werden muss. Andererseits können so die Hilfslinien bequemer gesperrt oder ein- und ausgeblendet werden.

In XPress ignorieren die Hilfslinien einen Ebenenaufbau eines Dokuments. Diese befinden sich auf einer formateigenen und für die Anwender/-innen unsichtbaren Ebene. Dadurch müssen sich die Anwender/-innen auch keine Gedanken machen, auf welcher Ebene sie eine Hilfslinie positionieren.

Hilfslinien ausdrucken

Um beispielsweise den Aufbau des Beispiels-Leaflets jemandem zu erklären, kann es sehr sinnvoll sein, die Hilfslinien und gar den Grundlinienraster auszudrucken. Im Druckdialog von InDesign, unter Allgemein, befindet sich eine entsprechende Option.In XPress müssen Sie einen Bildschirmschnappschuss erstellen.

Unterschiedliche Bibliotheken

Damit die Vorlage des Beispiel-Leaflets noch mehr Bedienkomfort aufweist, können Sie in InDesign Bibliotheken einsetzen (Biblio­theken). Das kann XPress natürlich auch. Doch nur InDesign kann die Objekte standrichtig wieder einfügen. Nicht mit «ziehen und loslassen», sondern mit dem Befehl im Palettenmenü der Bibliothek Objekt(e) platzieren. Sie können so ganze Textblöcke, Titel, Linien, Bilder oder gar Hilfslinien samt deren Koordinaten in die Bibliothek legen. Diese werden dann exakt an der gleichen Position wieder eingefügt, was ganz schön hilfreich sein kann!